Die in Plan J und rechts benutzte Bezeichnung der vier Mühlen, die 1656 am Flörsheimer Bach existierten, folgen den Bezeichnungsweisen, die in den Gerichtsbüchern dieser Zeit am häufigsten vorkommen. Von der Mündung des Baches an:
Die Rode Mühle (auch rothe muhl, rote mul), deren Name sicher nichts mit der Farbe „rot“ zu tun hat, sondern auf ein gerodetes Gelände hindeutet, auf dem die Mühle errichtet wurde. Bachaufwärts am Mainzer Weg die Teufelsmühle nach einem frühen Besitzer Peter Duffel, dann die Rügermühle genannt nach Anton und Johann Rüger, die die Mühle zwischen 1620 und 1650 besaßen, sowie die Obermühle, auch Predigermühle genannt, nach den Dominikanern von Frankfurt, zu deren Besitz diese Mühle 1656 gehörte. Zur frühen Geschichte der Flörsheimer Mühlen siehe hier.
Neben den Mühlen gab es 1656 als einziges weiteres Gebäude (neben Kapellen) außerhalb der Ortsmauern den Wedelhof (wetelhoff, wettelhoff). Er lag am Bachweg und erwartungsgemäß auf der Wedelhube. Man muss allerdings davon ausgehen, dass er als funktionsfähiger Hof den 30-jährigen Krieg nicht überstanden hat und 1656 eine Ruine war (was vermutlich auch für andere Höfe außerhalb der Ortsmauern gilt, für die es Hinweise in GB 1447-1613 G/N und in Erbpachtverträgen gibt).
Für das 17. Jhdt. ist kein Besitzer überliefert, auch kein Büttel (Büttel: budel/pedel/wedel), der in irgendeiner Verbindung zu diesem Hof gestanden hätte. Der Gerichtschreiber benutzte den Wedelhof, von dem es 1656 vielleicht noch oberirdische Reste gab, nur als Landmarke, um die Lage benachbarter Äcker und Weinberge zu beschreiben.
In dem Grundzinsregister des Clarenklosters von 1459 wird eine hoffestat nydewenig des dorffs genannt (ein Gehöft unterhalb des Dorfes). Danach und auch noch 1656 gibt es eine Kleinflur hoffstatt in unmittelbarer Nähe zum Wedelhof, siehe Plan L. Aus der Tatsache, dass sich hier eine Flurbezeichnung ausgebildet hat, kann man schließen, dass es sich um ein ansehnliches Gehöft gehandelt haben muss. Es liegt nahe, dass diese hoffstatt der Wedelhof war.
Im Urkundenbuch des Klosters Eberbach gibt es für das Jahr 1300 den Eintrag: Item unum jugerum retro villam supra fossatum prope kungernheim (ein Morgen hinten am Dorf oberhalb des Grabens bei Kungernheim). Bei Kungernheim handelte es sich vermutlich um einen Hof im Besitz des Königs oder eines Königsmannes (kungernheim: Königsheim). Dieses Kungernheim könnte der spätere Wedelhof gewesen sein.
Die Brücken in der Gemarkung sind in Plan J mit den häufigsten 1656er Namen benannt.
Die Steinerne Brücke (auch pruck ahn der rode mul oder bruck gen Seilvorth) führte den Mainzer Weg über den Bach. Eine Brücke die bei jedem Hochwasser unter Wasser steht, aus Stein zu bauen, machte sicher Sinn.
Der Bachweg überquert den Flörsheimer Bach über den Hohen Steg. Eine hohe und damit auch lange Brücke an dieser Stelle ist verständlich, da hier der Bach und ein Mühlkanal überquert werden musste.
Der Hochheimer Steg an der Wiesenmühle war die oberste der drei Flörsheimer Bachbrücken; er führte an der gleichen Stelle wie heute über den Bach (rechts).
Der Wickerer Steg war notwendig, um den Landwehrgraben im Verlauf des (neuen) Wickerer Weges zu überbrücken, genau wie der Breite Steg an der Unterpforte den Graben der Ortsbefestigung.
Der Abfluss von Natron- und Schwefelquelle, auch 1656 nur ein kleines Rinnsal entlang der Gemarkungsgrenze, musste nichtsdestoweniger vom Weilbächer Weg überquert werden, dazu diente die Weilbächer Brücke.
Die restlichen vier Brücken lagen alle im Oberfeld. Davon ist die Erdelbrücke unmittelbar einsichtig, sie führt den Eddersheimer Pfad über den Erdelgraben. Die beiden Riedbrücken und die Auwegbrücke sind kaum genau zu lokalisieren, da in dieser Gegend jede Art von Landmarken fehlen, auf die der Gerichtschreiber hätte Bezug nehmen können. Sicher ist, dass sie nicht den Erdelgraben überbrückten; es gab (wie heute) keine Wegeverbindungen zwischen Riedweg und Eddersheimer Pfad. Es waren Wegebrücken im Riedweg, dem Eddersheimer Pfad und dem Auweg. Ihre Bedeutung wird in Feuchtgebiete klar; sie überbrückten Entwässerungsgräben;.
In dem Lauck’schen Gemarkungsplan von 1931 sind die zwei zu dieser Zeit noch bekannten Wegeruhen eingetragen, die Wartwegsruhe und die Wickerer Weg Ruhe. Für 1656 lassen sich 16 Wegeruhen sicher rekonstruieren, zu denen im 17. Jhdt. keine weiteren hinzugekommen sind. 1791 wurde die Weilbächer Weg Ruhe erneuert (Steinmetzkosten 3 fl 47 xr).
Die Ruhen sind in Plan J eingetragen. Mit Ausnahme der Herrnbergsruhe wurden sie nach den Wegen benannt, an denen sie standen. Die mit einem Fragezeichen markierte Ruhe und ihr Standort ist spekulativ; sie stützt sich auf die Beschreibung eines Weinberges, der am Hippfad zwischen zwei Ruhen liegt.
Wegeruhen waren Konstruktionen aus Sandstein in der Form des griechischen Buchstabens Pi, deren wesentliches Element ein waagerechter Querbalken in einer Höhe von etwa einem Meter war, auf dem man eine Rückenlast absetzen und ohne sich zu bücken wieder aufnehmen konnte. Zur Geschichte vom Schweinedieb, der sich an einer Wegeruhe strangulierte siehe [Becker 2010].
Die große Anzahl der Ruhen und ihre Verteilung in der Gemarkung lässt darauf schließen, da sie für die damaligen Flörsheimer eine wichtige und notwendige Einrichtung waren, um Lasten abzusetzen und nach einer Verschnaufpause kräfteschonend wieder schultern zu können. Die Lasten, die auf dem Rücken getragen wurden, müssen beachtlich gewesen sein. Die Entfernung der meisten dorfnächsten Ruhen zur Unter- oder Oberpforte beträgt etwa einen Kilometer Die Lasten wurden offenbar über eine solche Strecke ohne weitere Pause getragen.
Im Unterschied zu der Vielzahl an Wegekreuzen und Kapellen aus dem 18. Jhdt. lassen sich für 1656 nur drei Wegekreuze rekonstruieren. Der Grund für die geringe Anzahl an Kreuzen und Kapellen könnte der noch nicht lange zurück liegende Krieg sein. Außer von den beiden Kreuzen von Georg Bernhard von 1700 wird im 17. Jhdt. von keiner Stiftung eines Kreuzes oder einer Kapelle berichtet.
Im Niederfeld stand ein Kreuz oder mehrere in unmittelbarer Nähe zueinander über der Bach bei der Rode Mühle (uber der bach bey den Creutzeren). Sie dürften am Mainzer Weg gestanden haben. Im Bergfeld steht das Stäinerne Creutz am Kreutzweg. Die Äcker, bei deren Lagebeschreibung auf dieses Kreuz Bezug genommen wird, liegen meist im Krehwinkel, so dass für dieses Kreuz der in Plan J markierte Standort wahrscheinlich ist. Im Oberfeld steht ein steinernes Kreuz in der Nähe der sandtKauthe bey der oberpforthe. Bei diesem Punkt könnte es sich um die Wegegabelung Riedweg/Eddersheimer Pfad handeln, also um die Stelle, wo 1700 von Georg Bernhard ein (neues) Kreuz errichtet wurde.
Das Bild der Flörsheimer Gemarkung 1656 wurde nicht unwesentlich von einer Vielzahl von Weidenklauern geprägt, von denen sich sieben lokalisieren lassen.
Weidenklauer: Weidenpflanzung, der Name geht auf das spätmhd. Wort klu(w)er zurück, was Knäuel/Kugel bedeutet. Das Benennungsmotiv lag in der knolligen Form der geschnittenen Weidenbaumköpfe (Kopfweiden).
Im 17. Jhdt. waren Weiden in Flörsheim wichtige Nutzpflanzen. Die Gerichtsbücher enthalten viele Hinweise auf deren Bedeutung. Die höchste Strafe, die ein Flurschütz verhängen konnte, stand auf das unrechtmäßige Abschneiden von Weidenzweigen oder gar das Abbrennen von Weidenbäumen.
Die Haupteinkommensquelle der Flörsheimer war der Weinbau; die benötigten Weinfässer wurden in der Mehrzahl von ortsansässigen Fassbindern hergestellt (in der zweiten Hälfte des 17. Jhdts. gab es in Flörsheim mehr Fassbinder als Bäcker) .
Die zum „Binden“ der Fässer benutzten Fassreifen bestanden nicht wie später aus Eisen, sondern aus in der Mitte geteilten Weidenzweigen, die sich wegen ihrer Zähigkeit und Biegsamkeit besonders gut dafür eignen. Man kann davon ausgehen, dass Weidenklauer gehegt, wenn nicht sogar planmäßig angelegt wurden, wobei die landschaftlichen Gegebenheiten der Flörsheimer Gemarkung dem Weidenanbau entgegenkamen (Feuchtgebiete). Die identifizierbaren Klauer sind in Plan J eingetragen; sie werden nach benachbarten Landmarken benannt wie Mühlklauer oder Seeklauer. Neben den aufgeführten Klauern gab es noch einige mehr, die sich aber nicht eindeutig lokalisieren lassen. Neben den Weidenklauern war das gesamte Mainufer von der Langen Belle bis zur Au mit Weiden bewachsen.
„Steinritz“ ist eine alte Bezeichnung für eine Steinhalde oder ein mit Steingeröll durchsetztes Stück Land. Steinritze werden erwähnt am Mainzer Weg, am Bachweg, am Riedweg und am Herrnberg. Ihre ungefähre Lage ist in Plan J vermerkt.
Sandgruben, Kiesgruben, Lehmgruben und Steingruben haben die Bezeichnungen sandtKauthe, KiessKauthe, KiesselKauthe, LameKauth und stäinKauth. Eine Lehmgrube gab es unmittelbar an der Unterpforte, an ungefähr der Stelle, wo sich in neuerer Zeit noch die „Letschkaut“ befand. Sand-/Kiesgruben sind vor der Oberpforte und auf dem Ahler am Landwehr belegt. Sandgruben dürften eine eher geringe Bedeutung gehabt haben, da der für Bauten benötigte Sand vorwiegend aus dem Main geholt wurde, z. B. für den Kirchenbau 1664. Zwei Steingruben lagen am Hochheimer Weg direkt an der Gemarkungsgrenze zu Hochheim.
1656 verkaufte Vian Thuan dem Landgrafen zu Hessen, vertreten durch seinen Anwalt, einen Morgen Steinfelts geforcht die Hocheimer gemarckung Unden Zu für 33 Reichstaler zum Ausbau der Rüsselsheimer Festung, die aufgrund der Schwedenpolitik des Hessischen Landgrafen den 30-jährigen Krieg überstanden hatte. Sie wurde erst 1689 von den Franzosen gesprengt.
Das Flörsheimer Gericht stellte die Bedingung, dass, wenn demnächst mit dem steinhauwen oder ausgraben begonnen wird, dies sich auf den gekauften Bereich beschränkt und der gemeine straß Einig Ungemach nicht Zugefügt werde.
Die Bezeichnung „Gemeinde Straße“, die nicht beschädigt werden soll, zeigt, dass es sich nicht um irgendeinen Feldweg handelte, sondern um eine wichtige Verbindung, in dem Fall den Hochheimer Weg.
Bei diesem Steinfeld handelt sich nicht um den späteren Dyckerhoff´schen Steinbruch oder dessen Vorgänger, diese lagen nicht an der Gemarkungsgrenze zu Hochheim sondern an der Ziegelhütte östlich des Wickerbaches. Das Steinfeld, das der Landgraf von Hessen kauft, ist in Plan L nördlich des Hochheimer Weges eingetragen.
In der Nähe der Ortsmauer werden häufig zwei Gärten als Landmarken benutzt, um die Lage benachbarter Äcker zu beschreiben. Die Bezeichnungen „bei den Krautgärten“ und „bei den Schmeißgärten“ haben den Charakter von Kleinfluren angenommen. Sie sind nicht einer Person als Besitzer zugeordnet. Die Krautgärten, auch Kappesgärten, lagen direkt neben dem Urbanusplatz. Hier wurde in einer genossenschaftlichen Nutzungsweise Kohl angebaut. Die Bedeutung der Schmeißgärten ist unklar („Schmeiß“ bedeutet Unrat, ist aber nicht die Bezeichnung für „Mist“).
Die in Plan J eingetragene Position des Judenfriedhofes ist die nach 1666 und die heutige. Dieses Gelände wurde 1666 von den Flörsheimer Juden erworben, siehe hier. Ein Judenfriedhof wird bereits 1448 in GB 1447-1613 G/N erwähnt. Nach [Schiele 1999] lag der Friedhof davor (der alte Judenfriedhof) in der Nähe weiter südlich, Wege und Flurnamen.
Mühlen, Brücken, Ruhen, Kreuze und Weidenklauer 1656 Die Wiesenmühle wurde 1699 gebaut, sie ist hier zur besseren Orientierung mit aufgenommen, größere Darstellung hier.
Die Wegeruhen sind durch Zahlen gekennzeichnet: 1 Mainzer Weg Ruhe, 2 Mühlwegsruhe, 3 Bachwegsruhe, 4 Rodpfadruhe, 5 Kreuzwegsruhe, 6 Wartwegsruhe, 7 Krehwinkelpfad- ruhe, 8 Wickerer Weg Ruhe, 9 Herrnbergsruhe, 10 Niederehnwegsruhe/Herrnpfadruhe, 11 Ehnwegsruhe, 12 Höllwegsruhe, 13 Riedwegsruhe, 14 Eddersheimer Pfad Ruhe, 15 Auwegsruhe, 16 Weilbächer Weg Ruhe. Die mit „?“ markierte Ruhe ist spekulativ.
Der heutige Hochheimer Steg Links die Wiesenmühle, im Hintergrund die Annakapelle. Aufnahme 2011
Die einzige noch erhaltene Ruhe in der Flörsheimer Gemarkung An einer kleinen Kapelle Ecke Windthorststraße/Gallusstraße. Aufnahme 2009
Junge Kopfweide Die Weidenzweige fanden vielfältige Verwendung, nicht nur für Fassreifen, sondern auch zur Herstellung von Korbwaren und Flechtwerk für die Wände der Fachwerkhäuser.(hajotthu)
Judenfriedhof von 1666, Ersterwähnung des Vorgängerfriedhofes 1448 Aufnahme 2011