Protokollauszug des Mainzer Hofrates von 1749, das dem Mainzer Domprobst (Eddersheim gehörte zur Domprobstei) empfiehlt, mit den unten stehenden Fragen die Eddersheimer “Gutachter” verhören zu lassen.
“Constitut” steht für den jeweils zu befragenden. Erläuterungen rechts unten.

Extractus Protocolli Consilii aulici Moguntini: 14. Martii 1749  HHStAW 105/364

Conclusum: Es wäre des Herren DhomProbsten Hochwürden und gnaden zu ersuchen über beygehende Interrogation die darin denominirte Schultheißen und gerichten zu Ettersheim in Subsidium Iuris abhören, deren Clagia demnächst aber in forma probante anhero geli..  bey Communiciren zu lassen.

Copia

Wir zu unden unterschriebenen Ober- und unterschultheisen und gerichten des orts Ettersheim bezeugen in Kraft dieses Vor uns ausgestelten attestati, daß solang und gedenket, wissend und wohl bekant ist, daß das Fischer handwerck zu Francfurt und Sachsenhausen dahier, und dem Maynstrohm bis an die Costheimer Ziegelhütten bis 10. 20 und noch mehrern Fischer-Nachen nicht allein bey tag, sondern auch die gantze nacht allhier ohngehindert, und ohne einigen widerspruch mit ihren Weydschelchen oder Fischer-Nachen gefischt haben, was die Höchster aber anbelanget, seynd dieselben vor 20 und mehr Jahren dahier nicht Viel gesehen worden, nun aber bey etlichen Jahren mit 16 und noch mehr nachen auf dem Maynstrohm gefischt haben,
Es ist uns auch wohl wissend, daß die bellhorn oder Schragen Von den Fischer-Nachen unterschieden, und nicht einerley sind, solches bezeugen wir mit unser eigenständigen Hand-unterschrift und bey gedrucktem Insiegel
Ettersheim den 30. Junii 1744

Joh. Blihsor Oberschultheiß
J. Schmeltz unterschultheiß
Philippus Brentheimer des gerichts
Michel Rendel des gerichts
 

Interrogatoria

Woruber nachbenahmste Ober- und Unterschultheiß auch ubrige gerichten zu Ettersheim praevia seria ad monitione de dicenda veritate ad protocollum, und zwar jeder separatim zu Vernehmen angesucht wird.

Inter. Gener. (Algemeine Fragen)

1. Wie Constitut heiße, und wie alt er seye
2. in was für bestimmung er stehe, und womit er sich nähre
3. Woher er gebürtig, und wie lang er zu Ettersheim wohnhaftig seye
4. Ob Ihm Constitut niemand, oder wer Eigentlich und wie nahe auf der Francfurter oder Sachsenhäuser Fischer zunft Verwandt seye

Interrog. Specialia (Spezielle Fragen)
1.
Ob ihm bekant und Erinnerlich, daß die Fischer geschwohren Von Francfurt und Sachsenhausen bey ihm, oder bey wem sonsten aus dem gericht zu Ettersheim um ein attestat wegen ihren Fischern auf dem Maynstrohm nachgesucht hätten
2.
Wie diese Fischer geschwohren sich eigentlich nennen,, soll dieselben benahmsen
3. Ob Constitut und Ubrige gerichten zu Ettersheim ihnen Fischer geschwohrnen das nachgesuchte attestat würcklich ertheilt hätten.
4. welchen Jahrs und tags diese eigentlich geschehen seye
5. Ob das gericht ordentlich darver ersucht worden, und wie dieses geschehen seye.
6. Ob sothanes attestat auf der gerichtsstuben, oder wo sonsten ausgefertiget worden
7. Ob alle gerichtsschöpfen dabey zugegen gewesen seyen.
8. Ob dasselbe wäre zu protocoll genommen worden.
9. Ob Constitut zu ertheilung sothanes attestats Vorher von jemand und Von wem angesprochen und beredet worden seye.
10. Wie diese sich zugetragen habe, soll die umstände erzehlen.
11. Ob Constitut nicht selbsten bekennen und darfür halten müßte, daß die sach worüber attestiert worden, das Ettertsheimer gericht gar nichts angehe, folgsam demselben auch nicht zukommen, solche sach für gericht zu ziehen, und darüber eine gerichtliche erkenntnüß oder attestation Vorzunehmen, so dann hierzu das dem gericht in denen demselben competirenden gerichtssachen anvertraute gerichts Siegel zu gebrauchen.
12. Ob Constitut auch wisse was deren laufende attestationes auf sich haben? soll sagen
13. Ob Constitut für recht erkennen könne, bey gericht etwas Vorzuhehmen, und zu beschließen, darüber der dritte den die sach angeht, Vorher nicht gehört worden ist.
14.
Was ihnen attestanten für sothanes attestat bezahlt worden und wieviel er Constitut davon participirt habe.
15. Ob kein zech oder Mahlzeit von denen Fischern dabey gegeben worden seye.
16.
Wie und woher Constitut wisse und wahrsagen oder attestiern könne, daß das Fischerhandwerck zu Francfurt und Sachsenhausen in der Ettersheimer gegend und den Maynstrohm bis an die Costheimer Ziegelhütten mit 10. 20 und mehreren Fischer Nachen nicht allein bey Tag, sondern auch die gantze nacht gefischt hatten
17. Ob Constitut dieses selbst gesehen, und die Nachen gezehlet habe
18. Wie oft dieses geschehen seye.
19. Von und in welchen Jahren eigentlich? solle selbige benennen.
20. Wer mehr by ihm Constitut gewesen, als er die Nachen gesehen und gezehlet.
21. Ob Constitut sothan Fischere auch nachts und zwar gantze Nächten habe fischen sehen.
22. Ob man von Ettersheim den Maynstrohm hinab bis in die gegend der Costheimer Ziegelhütten sehen, und daselbst einen Fischer Nachen, oder was sonst in selbiger gegend geschehen erkennen können.
23.
wie er solches dan mit wahrheits grund habe attestiren können.
24. Ob diese auch bey nachtszeit geschehen können.
25. Ob Constitut sagen könne daß das Fischerhandwerck zu Francfurt und Sachsenhausen mit 10. 20 und mehr Nachen die Fischerey auf dem Maynstrohm, und zwar nicht allein bey tag sondern auch bey nacht zu triben berechtigt seyn
26.
Ob ihm Constituto nicht Vielmehr bekant daß Fischen bey nacht, und mit so Viel Nachen wie gedacht, sogar auch unerkant und der ChurMayntz. Fischerordnung entgangen, sofort sträflich seye.
27. Ob ihm Constitut die ChurMayntz. Fischer-ordnung auf dem Maynstrohm bekant seye.
28.
worin selbige bestehe,
29. Ob Constitut selbige schriftlich aufzuweisen habe, solle selbige allenfalls Vorzeigen.
30. Woher er solche Abschrift bekommen habe.
31. Ob und woher er wisse, daß solche Abschrift authentisch, und der wahren ChurMayntz. Fischer ordnung gleichlautend seye.
32. Ob und woher Constitut wisse, was ein bellhorn oder Schragen seye, soll einen Schragen oder bellhorn ordentlich beschreiben.
33. Ob ein bellhorn und ein Schragen einerley und kein unterschied darunter seye. soll den unterschied allenfalls ordentlich beschreiben und nahmhaft machen.
34. Ob er auch wisse und sagen könne, daß dergleichen bellhorn und Schragen in der nemlichen Form, gestalt, größe und Rüstung wie selbige heutigen tags gebraucht, und benahmset werden, Vor alten zeitten allhier im gebrauch gewesen seyen.
35.
Woher er solches wisse.
36. Ob ihm Constituto nicht Viehmehr bekant, oder er wenigstens dafür halte, daß ein Fischer Nachen, Schragen oder Bellhorn zum fischen in alteren zeiten so eigentlich nicht wie heutigen tags unterschieden gewesen, sondern Vielmehr das eine unter dem anderen nahmen hat mögen mit Verstanden seyn.
37.
Ob Constitut das jenige was er jetzo ausgesagt hat erforderten fals Endlich zu erharten getraue.

Denominatio Constituendorum
1. Johann Blieser oberschultheiß
2. J. Schmeltz unterschultheiß
3. Philips brenthimer des gerichts
4. Michel Rendel des gerichts 

 

Attest ausgestellt von Eddersheimer Gerichtspersonen zur Fischerei von Frankfurtern und Höchstern Fischern auf dem Main

Das Eddersheimer Gericht attestiert, dass Frankfurter und Sachsenhäuser Fischer seit Gedenken unwidersprochen auf dem Main mit ihren Fischernachen bis an die Kostheimer Ziegelhütte gefischt haben. Von den Höchster Fischern habe man vor 20 oder mehr Jahren nicht viel gesehen, erst seit wenigen Jahren fischten sie auf dem Main. Im Attest wird der Unterschied zwischen Bellhorn/Schragen und Fischernachen betont. Da die Frankfurter Fischernachen benutzen, impliziert das, dass die Eddersheimer behaupten, die Höchster an ihren Bellhorn/Schragen erkennen zu können.

Die Tatsache, dass der Mainzer Hofrat (consilium aulicum Moguntinum) sich dieses Falls annahm, zeigt, dass er für Fischereirechte auf dem Main zuständig war, und diesem Fall Bedeutung beimaß.
Die Art der Fragen des Fragenkataloges ergibt folgendes Bild:
Der Fragensteller hält das Attest des Eddersheimer Gerichts für gekauft (
Was ihnen attestanten für sothanes attestat bezahlt worden
) .
Der Fragesteller bezweifelt, dass man von Eddersheim aus bis in die Gegend von Kostheim sehen könne, wohl zu recht.
Der Fragensteller bezweifelt, dass die Eddersheimer in der Vergangenheit zwischen Höchster und  Frankfurter Fischern unterscheiden konnten (Ob die Eddersheimer sagen könnten, ob die Bellhorn/Schragen in der heutigen (1749) Bauform und Benennung auch in alten Zeiten benutzt wurden).
Der Fragensteller weist darauf hin, dass man in älteren Zeiten, anders als heute, nicht zwischen Fischernachen und Bellhorn/Schragen unterschieden hat. (1734 war ein Bellhorn oder eine Schrage ein Transportnachen (Pringnachen), siehe hier).
Dass die Höchster vor 20 Jahren und davor in der Gegend von Eddersheim nicht gefischt haben, ist kaum glaubhaft.

Die Mainzer Kurfürsten hatten seit dem Mittelalter die Fischereirechte auf dem Untermain an die mainzische Stadt Höchst vergeben, so dass die Frankfurter sicher kein Fischereirecht in diesem Mainbereich hatten. Offenbar wollten diese das durch den Nachweis ändern, dass sie schon seit undenklichen Zeiten unwidersprochen hier fischten. Dazu sollte das gekaufte Attest dienen.

Dieser Vorgang ähnelt dem Bemühen der Flörsheimer im 19. Jhdt., allerdings dem Bemühen nach legal, durch einen solchen Nachweis, Fischereirechte auf dem Untermain zu erhalten, was ihnen aber bis 1921 nicht gelang.

Im Fragenkatalog wird die Churmainzer Fischerordnung erwähnt. Diese regelte allerdings nur, wie und wann welche Fische gefangen werden durften und nicht wer Fischereirecht besaß.

In dem rechts zitierten Gerichtsbucheintrag von 1734 wird das Schöffgefehrt eines Jacob Breielein versteigert (gerichtlich auffgesteckt), bestehend aus 2 bellhorn oder Pringnachen, 2 fuhrnachen und einer großen Nehe. Es handelt sich um Transportnachen, die Im Fährbetrieb über den Main benutzt wurden, wobei Pringnachen (von bringen) dem Personentransport dienten und die größeren Fuhrnachen und Nehen dem Transport von Vieh und Gespannen.
Mitversteigert wird die “Brücke” über den Main am Fahr. Fahr war die Bezeichnung für den Platz am Mainufer, wo der Fährbetrieb begann bzw. für den Fährbetrieb selbst. Es war sicher keine feste Brücke, eine solche gab es in Flörsheim vor 1928 nicht. Es kann sich nur um das Recht gehandelt haben, bei Bedarf zeitweise ein Schiffbrücke aus Nachen zu installieren. Dafür spricht auch die Erwähnung der am Geschirr anhängenden Mehe Küdten (Mainketten), die offenbar zum verkoppeln der Nachen benutzt wurden. Die Errichtung von temporären Schiffbrücken war nicht ungewöhnlich und ist z. B. im 30-jährigen Krieg für Sachsenhausen und Kostheim belegt.
Alles wird von Paul Weilbächer meistbietend für 113 fl ersteigert.

Fischer "Gutachten" des Eddersheimer Gerichts