Aufgrund der folgenden Gerichtsbucheinträge lässt sich die Lage des alten Rathauses eindeutig feststellen. Es wurde vermutlich vor 1500 gebaut und bestand bis mindestens 1707 noch als Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Das neue Rathaus wurde 1671 auf dem Gartengelände in der südwestlichen Ecke des Kirchhofs, das 1656 Vian Thuan gehörte, gebaut (Plan A). Nach dessen Abriss 1898 entstand hier die neue Kirchschule.

12 Hans Conradt Mehl     den 10. May 1656  
Erstlich Haus undt Hoff, unden zu das gemein Haus, oben zu die gemein gass, giebt jährlich Here Cämmerer 6 ß 6 heller Zins, undt Ein gans undt hun.

Aus diesem Stockbucheintrag geht hervor, dass unterhalb der Hofreite von Hans Conradt Mehl das Rathaus und oberhalb eine Gemeindegasse liegt.

Uff heut den 19ten Juny oben Ermelten Jahres (1657) ist Vor E:E:Gericht Erschienen Johann Hoffman Undt gab Zu Erkennen, dass Er Hans Conradt Mehl habe abgekaufft Haus Undt Hoff in der oberste gass gegen der Kirch, oben darneben die gemein gass sampt der Schmit Vor Undt Umb 200 fl. Dergestalt Zu bezahlne Erstlich 50 fl gleich bahr ahn, Undt diesen Herpst alsbalt der wein Verkaufft wider 50 fl, Anno 1658 den Herpst wider 50 fl Undt das Letzte .. 1659 wider 50 fl thut darauf die – 1:2:3:4: ist immittiert
1657 kaufte der Gerichtschreiber Johannes Hoffmann die Hofreite von Hans Conradt Mehl mit samt der Schmiede. Sie liegt in der Obergasse gegenüber der Kirche, oberhalb liegt eine Gemeindegasse. Damit liegt das alte Rathaus in der Obergasse.

Hans Peter Staab  40 fl ad 30 alb Vor wegen des Von der gemeind ErKaufften Haus das Alte rathaus so beforcht oben Zu Georg wiget Undten Zu ein gemein gass. welche er nach Clärlicher Abrechnung Schuldig Verpliebe. So beschehen den 24ten Aprili Anno 1674  (Gemeindeschuldnerbuch)
Hans Peter Staab kaufte von der Gemeinde das alte Rathaus. Oberhalb liegt die Hofreite von Georg Wiget, unterhalb eine Gemeindegasse. Nach dem Tod von Johannes Hoffmann hatte Georg Wiget 1666 seine Witwe Dorothea geheiratet und war damit im Besitz der ursprünglich von Hans Conradt Mehl stammenden Hofreite.

Damit steht fest: Das alte Rathaus, 1674 im Besitz von Hans Peter Staab,  lag in der Obergasse gegenüber der Kirche. Unterhalb eine Gemeindegasse, oberhalb die Hofreite von Mehl/Hoffmann/Wiget, oberhalb daran eine Gemeindegasse. Es ist das Gelände “H” in Plan A.

Anno 1674 den 9ten January   Lesser Judt bringt Vor dass er Von Hans Peter Staaben gedauscht hat Ein Hofraith im Virten Virtl gelegen, geforcht oben Zu georg wiget ist ZuVor das gemeine rathaus gewessen, gegen einen Hofraithplatz nebe dem pfahr Hoff, Zinst dem pfahrherrn Undt gibt noch Zur Aufgaab 270 fl. als nemblich Von dato ahn bis nechst einlauffende ostern 100 fl Zu beZahlen, undt widter Von der ostern ahn bis weinachte gl. Jahr 60 fl. Dan widter bis weinachte Anno 1675 60 fl undt widter bis weinachte als das letzte Ziehl 50 fl bis die 270 fl beZahlt Seindt. Es Ist auch Aus Gnädigem befehl des Herrn Dhombdechanten Hochw. undt  Genadten genädtig gewilliget wordten dass gedachter Judt undt Sein Hausfrau in das erthauschte Haus die wahrung hat, mit Vorbehalt bey 20 reichsthaler genädtig Herrschafftlicher Straaff, dass die Judenschafft Kein Sinagog darin aufrichte Undt halten Solle.
Der Jude Lesser erwirbt 1674 durch Tausch gegen seinen Hofreitplatz neben den Pfarrhof (Nr. 113, das Haus darauf war  1672 von Brandenburgischen Soldaten zerstört worden)  das alte Rathaus von Hans Peter Staab. Oberhalb liegt die Hofreite von Georg Wiget. Dieser Eintrag bestätigt die obigen Schlussfolgerungen zur Lage des alten Rathauses. 1682 bestätigt das Domkapitel den rechtmäßigen Besitz von Lesser, siehe hier.

Inventarium undt Theillung über Wäylandt Dorethea. Georg Wiget Seiner Hausfraue hindterlassene Kindter undt nahrung, 26.2.1675
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Gütter so Von Johannes Hoffmann herrührent Ein Hoffreith im 4. Virtl geleg. Haus undt Hoff, scheüer undt ställ. sambt allem Zugehör geforcht oben Zu ein gemein gass, unden Zu Lesser Judt, Zinst dem Cämmerer rührt Von Johan Hoffmann hero  ist estimiert Sambt der Kelter 450 fl

Nach dem Tod von Dorothea Wiget 1675 wird ihr Besitz inventarisiert. Dazu gehört die Hofreite (Nr. 12) im vierten Viertel, die von Johannes Hoffmann stammt. Oberhalb liegt eine Gemeindegasse, unterhalb das Haus des Juden Lesser. Auch dieser Gerichtsbucheintrag bestätigt die Lage des alten Rathauses.

Das alte Rathaus von vor 1671 stand an der Stelle des Hauses mit den gelben Markisen Aufnahme 2012

1662 hatte Johannes Nauheimer den Hof Nr. 98 (Plan A) von dem Churfürstlichen Kammerdiener Johannes Stein (dem späteren Oberschultheißen) erworben, nachdem er den Juden Berme abgetrieben hatte. Die Erben von Johannes Nauheimer verkauften 1698 das Anwesen für 430 fl an Johann Valentin Büttel. In dem Einwehrungseintrag in GB 1674-1718 G wird die Lage der Hofreite beschrieben: im 4ten Virtl gelegen bef. oben Zu der grabe ahm Katzenstuhl, Unden Zu Lesser Judt.
Dies zeigt, dass Lesser noch 1698 im Besitz des alten Rathauses war, wo er auch seinen Kramladen betrieb. Nach einer Teilung ging das alte Rathaus 1707 wieder vollständig in den Besitz des Juden Muusche über.
Katzenstuhl ist eine andere Bezeichnung für den Margarethaturm.

Die Lage des alten Rathauses