Während für die an den beiden letzten Weltkriegen Beteiligten und Gefallenen aktuelle und umfangreiche Dokumentationen vorliegen (www.kriegschronik-floersheim.de, Heinz Peter Vogel und Literatur von Peter Becker), wissen wir nur wenig über die Flörsheimer im Krieg 1870/71. Ziel dieses Projektes ist es, diese Lücke zu schließen. Zu Zeit tragen wir Fakten zusammen (siehe auch [Becker 2014]).
Die Kriegsteilnehmer und die Mitgliedern des Kriegervereins in der Liste hier.
Der Flörsheimer Kriegerverein wurde am 1. August 1872 von 66 Flörsheimern im “Frankfurter Hof” gegründet; die Gründungsmitglieder waren die Teilnehmer und Überlebenden des preußisch-französischen Krieges 1870/71. Der Verein öffnete sich bald für alle Flörsheimer Männer, die ihren Militärdienst abgeleistet hatten. Erster Vorsitzender war Ernst Rühl (1845-1888). Die Vereinsmitglieder standen für die bestehende Monarchie des Deutschen Reiches unter Kaiser Wilhelm II., das 1871 nach Kriegsende entstehen konnte (Otto von Bismarck, Kaiserproklamation in Versailles). SPD-Anhänger wurden nicht aufgenommen.
Im Rahmen der Feier zum 40-jährigen Jubiläum des Kriegervereins und der “Sedansfeier” am 1. September 1912 im “Hirsch” (Zeitungsnotiz rechts) integrierten sich die restlichen Mitglieder des Kriegervereins in den Flörsheimer Militärverein, der sich 1888 konstituiert hatte. Vorsitzender des Militärvereins zu dieser Zeit war Franz Hochheimer (1860-1941). Im Juli 1913 fand eine dreitägige aufwendige Feier mit Fackel- und Festumzügen anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Kriegervereins im Rahmen des Kreis-Kriegerfestes statt. 34 Kriegervereine der nahen Umgebung Flörsheims nahmen teil. Die Dankesanzeige des Militärvereins in der Flörsheimer Zeitung rechts.
Die Errichtung der Sandsteinstele auf den Gallus-Kirchhof wurde vom Kriegerverein initiiert und am 31. August 1879 von Pfarrer Siegler eingeweiht. Auf ihr sind die Namen der 70 Flörsheimer Soldaten verzeichnet, die am Krieg teilgenommen hatten und einige weitere Personen. Auf den vier abgeflachten Ecken der Stele stehen die bezugsreichen Namen der Städte Sedan, Wörth, Gravelotte und Paris.
Mit der Gestaltung der Stele war der Architekt Karl Schichtel aus Frankfurt beauftragt. Die Steinmetzarbeiten wurden von Christoph Munk (1825-1896), die Maurerarbeiten von Gerhard Stückert, Kaspar Schuhmacher und Johann Bauer durchgeführt. Die St. Gallus-Kiche stellte nicht nur den Platz für die Stele zur Verfügung, sondern erlaubte auch den ummauerten Kirchhofbereich 1976/77 durch ein sechseckiges Plateau entsprechend zu erweitern. Die Planung und Ausführung erfolgte unter Leitung von Horst Thomas, der mit seiner Architektengruppe bei der Umgestaltung des Platzes auch eine klare räumliche Gliederung des Kirchhofgeländes zum Ziel hatte.
Eine Interpretation der Bedeutung des Tuches auf der Spitze der Stele stammt von Horst Thomas. Die Stele hat die Form eines Obelisken, eine architektonische Struktur, die auf ägyptische und antike Traditionen zurückgeht. Antike Obelisken waren häufig an der Spitze vergoldet, und der Glanz symbolisierte die Sonne als Sinnbild immer wiederkehrenden Lebens. Die Verhüllung einer Obeliskenspitze durch ein Tuch steht symbolisch für das Gegenteil: Tod und Trauer.
Mitglieder des Kriegervereins Flörsheim 1903 vor dem Denkmal, Portraits als Ausschnittsvergrößerung unten. Die Liste der abgebildeten Männer mit den zur Zeit bekannten Daten hier, Original im Museum Flörsheim
Sandsteinstele auf dem Gallus-Kirchhof zur Erinnerung an die Flörsheimer Teilnehmer des Krieges 1870/71, Aufnahmen HAF 2015
Zeitungsnotiz zum 40-jährigen Jubiläum des Kriegervereins
Einheiten, in denen Flörsheimer Soldaten im Krieg 1870/71 eingesetzt waren
Dankanzeige des Militärvereins in der Flörsheimer Zeitung 1913
Lazarett im Kurhaus von Bad Weilbach, aus Wörsdörfer, Original im Museum Flörsheim.
Die ersten Verwundeten kamen am 18. August 1870 in diesem Reservelazarett an. Die Ärzte (obere Bildmitte) waren französische Kriegsgefangene. Der Mann mit Wolldecke ist Johann Simon, beinamputiert. Joseph Bachmann ist in diesem Lazarett am 22. August 1870 gestorben, siehe rechts oben.
Flörsheimer Zeitung Januar 1914
Der Todesort des Unteroffiziers Theodor Dienst, 4. Kompanie 1. Nassauisches Infanterie- Regiment Nr. 87
Angriff des XI. Armee-Korps gegen den rechten Flügel der Franzosen am 6. August 1870 bei Wörth [Mittler 1875].
Bei Spachbach überschritten die beiden Bataillone des Regiments Nr. 88, in Kompanie-Kolonnen auseinandergezogen, die Sauer und wanden sich, unter Anschluß der bei Sparbach gesammelten Theile der Regimenter Nr. 80 und 87, gegen den vom Feinde besetzten Ortsrand des Niederwaldes. Während ihres ungedeckten Vorgehens über den Wiesengrund erhielten sie heftiges Gewehrfeuer und von der Elsaßhausner Höhe her auch Schrapnellschüsse, welche letztere aber ziemlich wirkungslos blieben. Der Waldsaum wurde genommen und, indem der Gefechtsgang eine allmälige Rechtsschwenkung im weiteren Vorschreiten herbeiführte, erreichte man, allerdings in ziemlich aufgelöster Ordnung, den Nordrand des Waldes.
Die 1. Kompanie des Regiments Nr. 88 war zunächst mit der Bataillonsfahne zurückgelassen worden, erhielt aber nunmehr den Befehl, gleichfalls vorzugehen. Die zurückgewichenen Abtheilungen des Feindes hielten sich in einem Gehölz zwischen dem Niederwald und Elsaßhausen, aus welchem man sie nicht mit den vorhandenen Kräften nicht zu entfernen vermochte.In der Mitte der Angriffslinie des Korps gingen sechs Musketier-Kompanien des Regiments Nr. 95 von Gunstett und über die Bruchmühle in der Richtung auf Eberbach vor. Links schlossen sich ihnen die 6. und 8. Kompanie Regiments Nr. 87 an.
Die 5. Kompanie dieses Regiments blieb an der Brücke, die 3., 4. und 7. nahmen Aufstellung an der Hagenau-Wörther Straße ; dahinter die 3. und 4. und weiter links die 10. und 11. Kompanie Regiments Nr. 80. Rechts der Erbacher Straße wanden sich die Jäger gefolgt von der 2. Kompanie Regiments NR. 95, gegen den Albrechtshäuser Hof*
Unteroffizier Theodor Dienst ist im Bereich Gunstett-Spachbach gefallen (Karte rechts).
Name: Richter
Vorname: Joseph Philipp
Geburtsdatum: 23.06.1845
Geburtsort: Flörsheim am Main
Sterbedatum: 01.12.1922
Sterbeort: Flörsheim am Main
Beruf: Bahnarbeiter und Zimmermann
Mitglied Kriegerverein: Ja
Bild 1903: Ja
Einheit Krieg 1870/1: 1. Nassauisches Infanterie-Regiment Nr. 87
Orden und Ehrenabzeichen: Kriegsdenkmünze für die Feldzüge 1870/71 mit Gefechtsspangen "Weienburg, Wörth, Sedan und Paris und Centenarmedaille
Sterbeurkunde: Ja 56/1922 Zweitschrift
Kriegsteilnehmer Joseph Philipp Dienst Original: Hans Jakob Gall, aus Wörsdörfer, Aufnahme um 1895
Name: Thomas
Vorname: Peter
Geburtsdatum: 26.04.1845
Geburtsort: Flörsheim am Main
Sterbedatum: 12.01.1913
Sterbeort: Flörsheim am Main
Beruf: Polizeidiener
Mitglied Kriegerverein: Ja
Bild 1903: Ja
Einheit Krieg 1870/1: Infanterie-Regiment „Kaiser Wilhelm“ (2. Großherzoglich Hessisches) Nr. 116
Kriegsteilnehmer Peter Thomas Original: Hannelore Sievers, aus Wörsdörfer, Aufnahme um 1865, älteste Photografie Flörsheims
Name: Christ
Vorname: Johann II.
Geburtsdatum: 22.11.1846
Geburtsort: Flörsheim am Main
Sterbedatum: 20.04.1937
Sterbeort: Flörsheim am Main
Beruf: Landwirt
Mitglied Kriegerverein: Ja
Bild 1903: Ja
Einheit Krieg 1870/1: Garde-Füsilier-Regiment
Orden und Ehrenabzeichen: Kriegsdenkmünze für die Feldzüge 1870/71 und Centenarmedaille
Sterbeurkunde: Ja 30/1937
Kriegsteilnehmer Johann Christ II. Ausschnitt aus einem Original im Museum Flörsheim, aus Wörsdörfer, Aufnahme um 1916
[Mittler 1875]